Eure gute Cover ist kein Bewerbungsguru. Nee nee. Neeeee. Gott bewahre. Aber wenn ich mir mal überlege, wie oft ich in den letzte neun Jahren (Abi 2006 – 13 Jahre Warten auf Freitag) meine Bewerbungsunterlagen aktualisiert habe, dann wird mir schon ein bisschen schwindelig. Und es ist vollkommen egal, ob man sich zuletzt vor zwei Minuten, zwei Monaten oder vor zwanzig Jahren irgendwo beworben hat: Das Zeug muss immer noch einmal komplett auseinander genommen werden.
Jedes. Verdammte. Mal.
Schritt 1: Wo war denn nur der Lebenslauf?
Am einfachsten wäre es ja, wenn man seinen alten Lebenslauf einfach nur noch mal fix aufpolieren müsste. Aber der ist unter Garantie nicht auffindbar. Verschickt, abgespeichert, schnell ’ne Tasse Kaffee geholt und weg ist das Ding. Pfutschikato. Läuft wahrscheinlich mit der verschollen geglaubten zweiten Socke händchenhaltend in den Sonnenuntergang.
Schritt 2: Finde heraus, als was du gerade arbeitest
Man verbringt so um die 225 Tage im Jahr auf der Arbeit, acht Stunden am Tag und das in meinem Fall seit drei Jahren. Und nun soll die Quintessenz dieser Rolle als AvD in drei bis fünf Zeilen passen. Manchmal wäre ich in solchen Momenten gerne auf dem Bau beschäftigt: Hallo, ich bin Baggerfahrer und kann Bagger fahren und ganz, ganz tiefe Löcher baggern.
Schritt 3: Formatiere dich um den Verstand
Egal was du tust, der Lebenslauf wird immer zwei Zeilen zu lang sein, um auf eine Seite zu passen. Während man im Studium immer schön die Ränder und Zeilenabstände so eingestellt hat, dass aus sieben Seiten Text die geforderten fünfzehn wurden, muss man dieses wertvolle Können nun andersherum unter Beweis stellen. Achtung: Dies rechtfertigt dann auch ein „fortgeschritten“ hinter der Frage nach den Office-Kenntnissen.
Schritt 4: Einmal recht freundlich
Natürlich darf ein Bewerbungsfoto bei der ganzen Sachen überhaupt keine Rolle mehr spielen. Niemals. Das wäre ja vollkommen ungerecht und ganz und gar oberflächlich. Pfui. Aufschrei. Aber irgendwie kann man es den Personalern auch nicht verübeln, wenn die zumindest einen ersten Eindruck haben möchten. Da ist es übrigens unfassbar hilfreich, wenn man mal fix die Mutter aus der besten Aufnahme des Familienshootings herausretuschieren kann. Denn wie wusste die schon stets besser zu wissen: Das Leben ist für die beschissen, die sich nicht zu helfen wissen.
Schritt 5: Wer bin ich – und wenn ja wie viele?
Was zur Hölle zeichnet mich eigentlich aus? Teamgeist? Schnelle Auffassungsgabe? Ehrgeiz? Alles Floskeln. Es wird niemand in seine Bewerbung schreiben, dass er Menschen total kacke findet und seine Arbeitszeit auf Twitter verbringt. Also wenn ich’s mir recht überlege… beim Kinderturnen würde ich durchaus durch eine ganz passable Rolle vorwärts positiv hervorstechen. Und ich kann die Zunge rollen. Naja, zur Hälfte. Ich kann außerdem recht gut backen. Das könnte beim potentiellen neuen Chef schon eher ziehen. Der Rest wird halt aus der Annonce abgeschrieben, die müssen schließlich wissen, wie ich sein soll.
Schritt 6: Kill your darlings
Interessiert die das alles jetzt wirklich? Beim letzten Mal war doch noch das superduperdolle Masterstudium das Argument für alles und nun hat sich das ganz hinten auf den Lebenslauf verkrümelt. Ich soll mit meinen 28 Lenzen ja sowieso bereits 29 Jahre Praxiserfahrung verweisen können und dann darf das Anschreiben auch so aussehen. Das teure Studium verkriecht sich zur Grundschule auf die Reservebank und Hobbys hat man ja eh schon seit Jahren keine mehr.
Schritt 7: Äh, wohin eigentlich?
Also idealerweise kommt Schritt 7 natürlich ganz am Anfang, aber das hätte den Spannungsbogen zerstört. Aber es ist auch ein ganz wichtiger Gedanke für die Individualisierung des Anschreibens, denn jede Firma möchte ganz gerne glauben, dass man sich nur bei ihnen beworben hat. Weil sie so unfassbar toll sind und so sympathisch rüberkommen und die Produkte einfach weltklasse sind und man von der nächsten Klippe springen wird, wenn sie einen nicht nehmen. Zum Glück sind Klippen in Bielefeld eher Mangelware.
Schritt 8: Wer hat denn den Kappes verzapft?!
Korrekturlesen. Ganz, ganz, ganz wichtig. Am besten lässt man wirklich noch mal jemanden draufgucken. Denn spätestens nach dem dritten Satz wird einem schlagartig bewusst, dass man sämtliche Grammatikkenntnisse gleich zu Beginn verloren hat. Zusammen mit der aktuellsten Version vom Lebenslauf.
Schritt 9: Abschicken \o/
Es ist vollbracht! Leicht geflickt, ein bisschen angsteinflößend und mit wenig Hirn, aber Frankensteins Monster hat es ja auch irgendwie durch den ersten Testlauf geschafft. Nun muss man es nur noch hinbekommen, die ganzen Unterlagen auch dem richtigen Empfänger zuzuordnen, damit man am Ende nicht doch noch mit Mistgabeln und Fackeln durchs Dorf getrieben wird. Bei Bewerbungen in ostwestfälischen Randgebieten (Dornberg, Verl, Borgholzhausen) nicht ganz unwahrscheinlich.
Schritt 10: Das Land verlassen /o\
Es ist ganz egal, wie gründlich man war. Egal wie oft man noch einmal drübergelesen hat, wie oft man jede Zahl kontrolliert hat: Irgendeinen saublöden Fehler übersieht man immer. Jedes. Verdammte. Mal. Neulich hatte ich sogar mal einen Zahlendreher in der Handynummer, zum Glück nur auf einer Seite. Aber scheiß der Hund drauf: Den anderen Bewerbern ergeht es doch auch nicht anders.
Gefällt mir Wird geladen …